Moin,
habe mich auch im letzten Jahr für die Dicke entschieden, als es noch keine Verkleidung und Testsiege gab. Dafür gab es aber wunderbare Artikel und Erfahrungsberichte, wie z.B.
Dickerchen, I love you!
Sollen sie doch sagen, was sie wollen. Egal die Schmäh, schnurz die Tests. Schnuppe die dürftigen Verkaufszahlen: Hondas CB 1300 ist das mit Abstand modernste, beste nackte Big Bike auf Erden.
von Thomas Delekat
Hondas CB 1300 - ich mach' es kurz. Ich will ehrlich sein, ich will keine Objektivität heucheln, ich bin Partei, weil ich meine Jahre in glücklichem Lebensbündnis mit einer CB 1000 verbringe - und die neue CB 1300 ist genau wie sie. Diese gewaltige Maschine hat alles von der CB 1000 geerbt: Die unvergleichliche Erscheinung, die technisch grandios geglückte Konstruktion und auch: den mauen Verkaufserfolg. Aber, was kaum einer weiß: In diesem Unglück sitzt die CB 1300 nicht allein. Die strahlend junge Suzuki GSX 1400, die Testgekrönte unter den Naked Bikes, die CB 1300, ZRX 1200 (Kawasaki) und FJX 1300 (Yamaha) überrundete, die der Darling war der Motorradredaktionen - auch sie kriegt irgendwie die Kurve nicht bei deutschen Kunden.
Was ist jetzt trotz der Suzuki der Witz an der CB 1300? Die Wissenschaft behauptet: Unter den primären Grundbedürfnissen der Menschheit steht der gestillte Hunger an erster, Schutz vor Kälte, Nässe und Hitze an zweiter Stelle, und im dritten Rang steht - das Verlangen nach Sicherheit. Das ist der Witz an der CB 1300. Es ist keine Übertreibung, diesem Motorrad die Langlebigkeit eines Menschenalters zuzutrauen. Trotz computergesteuerter digitaler Transistorzündung und für jeden der fünf Gänge gesondert berechneter Kraftstoffeinspritzung, gesteuert durch einen ultramoderen 32 Bit-Prozessor, trotz LED-Rücklichtern, Wegfahrsperre, sogar Außentemperaturanzeige: Niemand soll sich blenden lassen - es ist ein erzsturzkonservatives Motorrad. Kein Schalter, kein Lager, keine Welle, keine Pumpe, nicht einmal eine Kabelverbindung gibt es an der CB 1300, die nicht schon hunderttausendfach ausprobiert worden wäre, vieles davon an vielen Modellen über viele Jahrzehnte hinweg. Es wird mit diesem Motorrad keine Rückrufaktionen geben. An diesem Motorrad wird auch niemand irgendeine Blende, eine Täuschung entdecken. Keine Kühlrippen aus optischer Gefälligkeit, keine Plastikteile, die tragende Alumiumprofile vortäuschen und auch kein Chrom, fast kein Chrom. Hier ist alles Schrot und Korn, vom Besten, Echten. Das ist die CB 1300 durch und durch, außen hui, innen hui: Schrauben Sie den Tank ab. Öffnen Sie den Motor, sehen Sie sich die Ventilsteuerungen an. Sie werden den Unterschied zur Konkurrenz sofort verstehen - und auch, wieso "Motorrad" über die alte CB 1000 schrieb: Wer diesen Motor nach 100 000 Kilometern kaputt gekriegt hat, ist echt selber Schuld. Die CB 1300 wird gewiss einmal als eines der unverwüstlichsten Motorräder der Benzin-Epoche gelten.
Wir haben den dicken Brocken aufrecht, mit geradem, entspanntem Rücken gefahren - es ist eines der seltenen japanischen Motorräder, die großgewachsenen Europäern angemessen sind. Die mächtige Maschine fährt sich behend, mit leicht majestätischem Einschlag, das kommt vom Gewicht (252 Kilo), man fährt ein bisschen gentlemanlike. Aber sie fährt sich leicht - hydraulische Kupplung, erstklassiges Getriebe, großartige Bremsen, und sie ist sich immer ganz, ganz sicher: in der Ruhe, mit der sie die Kurven nimmt, in der unbeirrbaren Geradlinigkeit, mit der sie bei über 200 Stundenkilometern den Fahrer beruhigt, in ihrer Souveränität, in der unvergleichlichen Grandezza ihres phantastischen Motors. Er röchelt leicht, tief, behaglich, wenn er ein bisschen seinen monströsen 116 PS-Kraftüberschuss ausspielen darf. Versuchen Sie es einmal selber: aber niemand kann diesen riesigen Motor prügeln, scheuchen, zwirbeln. Dafür ist er zu überlegen. Er rummst, wenn er soll, Mann und Maschine mühelos, gleichmäßig und mit sanft anmutender, aber unerhört brachialer Energie in Geschwindigkeiten hinein, in denen das Gesichtsfleisch von den Knochen flieht. Das lässt man lieber. Und verfährt mit ihr wie mit einer alten Boxer-BMW: Zwischen 3000 und 5000 Umdrehungen, das reicht. Zwei Dinge aber haben sie bei Honda verbrochen an der CB 1300: Der Einspritz-Computer geht ganz ruckartig zur Sache beim Gasgeben und -nehmen, das war unangenehm. Und: Das prächtige, mächtige, wunderbare Dickerchen bremst ohne ABS. Sie wären bescheuert bei Honda, hätten sie's nicht zur Münchner Intermot-Messe in drei Wochen behoben.
Artikel erschienen am Sa, 21. August 2004
Das hat als Grund schon ausgereicht. Habe mir dann im November eine mit ABS bestellt und im Januar auf Verkleidung umgestellt. Würde es bis heute keine geben, hätte ich sie auch ohne genommen.
Gruss
BlackJack