Hallo,
ich habe mir gestern relativ kurzentschlossen eine nackte rot-weiße CB1300 mit EZ 3/09 per Telefon bei einem Händler in Gelsenkirchen gekauft (ich wohne im Großraum Braunschweig).
Ich hatte mit einer Transalp angefangen, dann kam eine NTV650, dann wieder eine Transalp, die ich längere Zeit fuhr. Sie wurde mit einer einjährigen Übergangszeit 1999-2000 von einer der ersten Varaderos abgelöst, die ich bis in den Herbst 2003 gefahren hatte. Damals bekam ich mit der doch sehr aufrechten Sitzposition auf einer Reiseenduro immer wieder Rückenschmerzen im unteren Rückenbereich, außerdem wollte ich gern etwas dynamischer unterwegs sein.
Eine ausgiebige Probefahrt auf einer Triumph Sprint 955i begeisterte mich von ihrem Motor her völlig (und das hat auch bis heute angehalten!) und mit deren tourensportlichem Konzept ich recht gut zurecht kam. Mittlerweile hat sie gut 50.000km herunter, tut mir treue Dienste, ob solo oder zu zweit mit Gepäck auf längeren Urlaubsreisen.
Was ich an meiner Sprint jedoch gerade auf regennassen Straßen in den Dolomiten mit der Frau hinten drauf vermisse und was für eine unnötige Belastung im Kopf sorgt ist das fehlende ABS. Logischerweise habe ich mir bzw. haben wir uns die aktuelle Triumph Sprint 1050 angeschaut, und optisch ist das auch -für meinen Geschmack- eine schöne Karre. Aber dort ist die Funktion an vielen Stellen dem Design untergeordnet, KEIN Platz unter der Sitzbank (die verschraubt ist) wegen der Underseat-Auspuffanlage, ein kleines abschließbares Staufach in der Verkleidung, aber dort ist das Bordwerkzeug untergebracht. Der Sozia-Sitzplatz liegt in schwindelerregender Höhe, so dass eine innige körperliche Verbindung zwischen mir und meiner Kleinen während der Fahrt kaum möglich ist. Die serienmäßigen Koffer sehen zwar chic aus, sitzen aber sehr schräg an der Maschine und sind trotz 29ltr. Volumens innen so zerklüftet, dass nicht einmal ein Helm hineingeht. Das ABS landete schon beim Erscheinen der ersten ABS-Versionen der Sprint 1050 in einem Vergleichstest im letzten Drittel der Vergleichsmotorräder und leider wurde daran seit dem auch keine Modellpflege betrieben. Die Gabel ist nur in der Vorspannung vertellbar, das Federbein in Zugstufe und Vorspannung, alles nur einfache Standard-Teile (die an meiner aktuellen alten Sprint durch Teile von Wilbers getauscht wurden), wie sie in jedem Brot-und-Butter-Motorrad zu finden sind. Wenn man dann noch im Hinterkopf hat, welchen Preis Triumph dafür selbstbewußt aufruft, ist das Preis-Leistungsverhältnis auch nicht das Beste.
Außerdem hatte ich mir schon länger Gedanken gemacht, ob ich nicht besser ein unverkleidetes Motorrad fahren sollte, da die deutlich meisten Kilometer von mir abseits der Autobahnen gefahren werden. Erinnerungen an strahlende Momente im Jahr 2006 mit einer kurzzeitig paralell zur Triumph besessenen Ducati Monster S2R1000 bekräftigten mich in dieser Richtung; die im letzten Dezember für meine Kleine gekaufte Kawasaki ER-6n und seither rund 600 spaßige Kilometer mit ihr hauen in die selbe Kerbe. Okay, also eine Nackte.
Der Kopf führte zwangsläufig zur Bandit 1250 N, und die Recherche im Internet brachte einen Kaufpreis von 7.000€ für neue nackte Maschinen beim Vertragshändler zu Tage. Das ist vom Preis-Leistungsverhältnis einfach nicht zu toppen. Fakt! Aber geht es bei einem völlig unnötigen Spielzeug wie einem Motorrad nur um Rationalität? Auch da dachte ich wieder mit feuchten Augen an meine rote Monster mit den weißen Streifen, die hätte ich stundenlang anschauen und streicheln mögen; und nein, die wurde nicht wegen technischer Probleme verkauft, sondern wegen eines Hauskaufs. Vielleicht wäre es also doch besser, etwas zu kaufen, was auch die Emotion wieder stärker in den Vordergrund bringt. Ich hatte die CB1300 in 2005 mal interessehalber als halbverkleidete Version gefahren, aber das führte damals nicht zum Wechselwunsch. So fuhr ich vorgestern also zum ausgiebigen Anschauen, Anfassen, Aufsitzen und wieder Anschauen zum Honda-Händler. Und da war es wieder, dieses Gefühl, die Maschine anfassen zu wollen. Überall schöne Details, liebevoll gemacht. Der Motor, diese Kathedrale des Maschinenbaus, sieht so wunderschön aus. Die weiße Perlmutt-Lackierung mit den roten Verzierungen glänzt verführerisch und die breite Sitzbank lässt mich bequem Platz nehmen. Die toll gemachte Schwinge mit ihren sauber gefrästen Aufnahmen. Doch, dieses Motorrad gefällt mir. Und alle Testberichte, die ich in den letzten Tagen in meinen Schränken und im Internet fand, sagten, dass es auch eine gute zuverlässige Maschine ist, die trotz ihres hohen Gewichts sehr ausgewogen ist. Ein richtiges klassisches "Männermotorrad", auf dem sich auch meine Kleine wohlfühlen wird. Die Soziatauglichkeit ist für mich halt auch ein wichtiges Kriterium; wenn es nur um ein neues Motorrad für mich ginge, so eine schöne Speed Triple, aber die hat immer noch kein ABS......
Ich weiß schon jetzt, dass ich den rotzigen Dreizylindermotor der Triumph vermissen werde, und die bisherigen 50.000km lief sie praktisch beschwerdefrei, in sofern war sie mir eine treue und verdammt schnelle Gefährtin. Aber ich habe die Hoffnung, dass mein neues Motorrad mir ebenfalls an Herz wachsen wird. Und vielleicht entschleunigt sie mich auch ein bisschen durch die nicht vorhandene Verkleidung. Da die Laserpistolen mittlerweile an so vielen Stellen lauern, sind hinter die Verkleidung gekauerte Landstraßensprints viel zu gefährlich geworden. Ungeschützt dem Wind ausgesetzt lässt einen die gefahrene Geschwindigkeit doch anders, intensiver erleben.
Ich habe in den Jahren seit 2003 durch das t5net-Forum und später auch durch das Sprinter-Forum viele gute Erfahrungen gemacht, sei es durch Kauf oder Verkauf von Teilen, durch teils ungewöhnliche Informationen; ich habe viel dazugelernt und mein Motorrad besser "verstanden". Ich hoffe, dass es hier in diesem Forum ähnlich läuft, ich würde mich jedenfalls freuen.
Dirk