Das sollte man wissen. Damit man im Falle des Falles keine falschen Aussagen macht. Es ist eine Sauerei, was hier unterstellt wird, nur weil man in einer Gruppe fährt.
An Wochenenden sieht man auf Autobahnen und Landstraßen häufig ganze Pulks von Motorradfahrern auf gemeinschaftlichen Ausflügen.
Doch das gemütliche nebeneinander Herfahren ist verboten und führt zu einem gegenseitigen Haftungsverzicht der Fahrer, mahnt die ARAG-Rechtsschutzversicherung in Düsseldorf unter Hinweis auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg.
Demnach könne ein im Pulk fahrender Motorradfahrer keinen Schadenersatz von einem Mitfahrer verlangen, der durch starkes Abbremsen einen plötzlichen Auffahrunfall verursacht. Die Verabredung, in der Gruppe zu fahren, somit die Verkehrsregeln zu brechen und sich bewusst in Gefahr zu begeben, begründe die Annahme eines gegenseitigen Haftungsverzichts.
Am 28.06.2007 fällte das OLG Brandenburg ein interessantes Urteil (AZ: 12 U 209/06), das sich Veranstalter von Motorradausfahrten zu Herzen nehmen sollten: Wenn die Gruppe zu schnell fährt und dabei die erforderlichen Abstände nicht eingehalten werden, ist gegenseitige Haftung ausgeschlossen.
Was war passiert? Eine Gruppe von Motorradfahrern traf sich zu einer Ausfahrt. Um ein Auseinanderreißen des Trupps zu vermeiden, wurde versetztes Fahren im Pulk verabredet. Dabei wurde die Einhaltung von Überholverboten und Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht sonderlich genau genommen.
Sturz nach Bremsmanöver des Vordermanns
Die Gruppe fuhr zügig durch die Lande. Einer der Anführer entdeckt plötzlich am Straßenrand eine Radarkontrolle und geht kräftig in die Eisen. Der Nachfolgende erkannte das zu spät und fuhr auf den „Bremser“ auf. Der darauf um die Begleichung des Schadens entbrannte Streit führte die Kontrahenten durch die Instanzen bis vor die Schranken des OLG Brandenburg.
Fahren im Pulk ist besonders gefahrenträchtig!
Das OLG ließ die Streithähne abblitzen und stellte fest, dass Fahren im Pulk von vorneherein besonders gefahrenträchtig ist. Dies gelte in besonderem Maße, wenn dabei signifikante Geschwindigkeitsüberschreitungen in Kauf genommen würden. Die Tatsache, dass die Einhaltung der Bestimmungen der StVO für die Teilnehmer der Fahrt nicht im Vordergrund stand, ergebe sich unter anderem aus der Tatsache, dass sowohl der Kläger als auch der Beklagte kurz vor dem Unfall unter Missachtung von Zeichen 295 verbotswidrig einen Pkw überholt hätten.
Haftungsausschluss wie bei Sportveranstaltungen
Das Gericht urteilte, dass es sich zwar nicht um ein Rennen gehandelt habe. Gleichwohl sei dabei aber, ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH), ein stillschweigender Haftungsausschluss anzunehmen. Diese ursprünglich für sportliche Wettkämpfe, wie beispielsweise Radsportveranstaltungen oder Motorradrennen, entwickelten Grundsätze können nach obergerichtlicher Rechtsprechung auch außerhalb des Bereichs sportlicher Kampfspiele angewendet werden. Gleiches gilt beispielsweise auch für Verletzungen durch ein Foul bei einem Fußballspiel.
Erhöhtes Sturzrisiko wird in Kauf genommen
Im konkreten Fall war das Fahren im Pulk besonders gefahrenträchtig, weil damit zwangsläufig der Verzicht auf die vorgeschriebenen Abstände zum Vorder- und zum Nebenmann einherging. Dies bedeutete aber zugleich ein höheres Sturzrisiko für alle Beteiligten, was auch bei erhöhter Aufmerksamkeit der Fahrer nie auszuschließen ist. Das Gericht argumentiert vor allem, dass im Pulk – wie auch in einem Rennen – jederzeit Situationen auftreten können, die plötzliche Richtungswechsel oder abrupte Bremsmanöver erforderlich machen. Somit musste jeder der beiden Fahrer seinen eigenen Schaden selbst bezahlen.