Vor einiger Zeit gab es hier Diskussionen zum Thema Shimmy -Anlass war m.E. die Thematik mit der Reifenfreigabe zur CB1300SA. Ich habe zufällig im Forum zur Sevenfifty -als Ehemaliger tauche ich dort manchmal auf- eine sehr gelungene, detaillierte Beschreibung der Hintergründe entdeckt und werde sie hier einfach mal einfügen -hoffentlich ohne copyright-Verletzung; Autor ist das Mitglied spooner; er schrieb dazu folgendes:
Shimmy ist ein Flattern des Vorderbaus um die Lenkachse und findet mit ungefähr 5-10 hz statt.
Jedes bewegliche System hat eine sogenannte Eigenfrequenz (Resonanzfrequenz), bei der es zum Schwingen angeregt werden kann. Deswegen dürfen auf bestimmten Brücken LKW?s nur mit einem gewissen Abstand drüber fahren (Die Geschichte mit der Kompanie im Gleichschritt ist übrigens Nonsens, die Frequenz stimmt nicht...).
Das Flattern des Vorderrades wird normalerweise durch die Kreiselprezession des Vorderrades unterbunden. D.h. die Kräfte des rotierenden Vorderrades verhindern, dass es eine Bewegung um die Lenkachse gibt.
Das Vorderrad wird jedoch permanent durch die Rollbewegung seitlich angeregt.
Das kann eine Reifenunwucht sein, das kann das Reifenprofil, die Reifenkontur, die Gummimischung, der Schäglaufwinkel des Reifens, der Koeffizient mit dem der Schräglaufwinkel ansteigt; das kann die Strassenoberfläche sein, Seitenwind, unterschiedliche Dämpfung in der Gabel, Verzug in der Gabel, unterschiedliche Lagerkräfte in den Radlagern, Unwuchten der Felge oder Bremsscheibe....
Wenn nun die Anregung bei der richtigen Raddrehzahl erfolgt (Raddrehzahl = Eigenfrequenz des Lenksystems) dann "schauckelt" sich die Lenkbewegung auf. Am Lenkerende werden dann Schwingungsausschläge von bis zu 10 - 15 cm beobachtet. Ein Sturz wäre nur darauf zurückzuführen, dass der Fahrer erschrickt - das Motorrad würde alleine nicht umfallen.
Die Lenkbewegungen werden durch die Vorspannung der Lenkkopflager, Bowdenzüge, Kabel, Massenverteilung usw. gedämpft.
Ziel der Fahrwerksabstimmung ist es daher das Lenksystem so zu "verstimmen" dass die Eigenfrequenz des Lenksystems so hoch liegt, dass nur bei höherer Raddrehzahl (ab etwa 90 - 100 km/h) die beiden Frequenzen übereinstimmen. Bei der hohen Raddrehzahl nimmt jedoch auch die Kreiselprezession so zu, dass die seitlichen Anlenkungen nicht mehr genügen um einen Lenkausschlag zu provozieren.
Durch Entlastung des Vorderbaus (TopCase, Sozius, Gepäck, Koffer) verändert sich die Gewichtsverteilung und damit die Auflagefläche des Reifens. Durch die geringere Auflagefläche erfolgt weniger Dämpfung und damit kann Shimmy auftreten.
Eine pauschale Abhilfe gibt es nicht.
Im Einzelfall können helfen:
Anderer Reifen
Reifen dynamisch auswuchten (die Gewichte links und rechts befinden sich an unterschiedlichen Stellen der Felge, wie beim PKW)
Lenkkopflagerart und/oder Lenkkopflagervorspannung verändern
Reifen und Felge auf Höhen/Seitenschlag kontrollieren
Kabel und Bowdenzüge richtig verlegen
Gepäck/TopCase usw. anders befestigen/abbauen
Sitzposition des Fahrers verändern
Lenker/Lenkergewichte ändern
Gabel entspannen
Gabelbrücken ausrichten
Dämpfung und Federvorspannung links/rechts angleichen
Rundlauf der Radlager sicherstellen
und einiges mehr...
Nicht vergessen werden sollte, dass auch der Fahrer bzw. Sozius durch flatternde Kleidung das System zu Schwingung anregen kann.
Sehr gut getroffen, Abstellung eben nicht mit einfachen Mitteln möglich.
Gruß
Volker